Das Croix de Saint Antoine du Desert der koptischen Kirche in Frankreich

© Jörg C. Steiner

Seit Mitte der 70er Jahre des 20sten Jahrhunderts verleiht das Oberhaupt der koptischen Kirche in Frankreich (Evéque Copte de France) Abba Marcos eine Halsdekoration, die oft fälschlich mit dem 1095 von französischen Rittern gegründeten Antoniterorden oder dem 1382 von Albert von Bayern gegründeten Antonius-Ritterorden in Verbindung gebracht wir oder gar als deren legitimer Nachfolger beschrieben wird. Tatsächlich wurde jedoch der Heilige Antonius Abbas, auch "der Große" oder "der Einsiedler" genannt, als Patro gewählt, da er Schutzheiliger der Stadt Alexandrien und der koptischen Kirche ist.

Die koptische Kirche

Die koptisch-orthodoxe Kirche ist die christliche Nationalkirche Ägyptens und führt ihre Tradition auf den Evangelisten Markus zurück. Sie entstand erst im 5. Jahrhundert, ausschlaggebend dafür war die Verurteilung des Monophysitismus durch das Konzil von Chalkedon im Jahre 451, dessen Beschlüsse von den koptischen Christen nicht anerkannt wurden. Damit verband sich der nationale Widerstand der Kopten gegen den wachsenden kulturellen Einfluss des Hellenismus. Unter der arabisch-islamischen Herrschaft verlor die koptische Christengemeinde ab dem 16. Jahrhundert dramatisch an Mitgliedern. Im 19. Jahrhundert kam es zur Annäherung von koptischer und katholischer Kirche, dies führte 1895 zur Errichtung des unierten Patriarchats von Alexandrien (Sitz in Kairo). In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde die koptische Kirche Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen und entließ die von Ägypten aus missionierte äthiopische Kirche in die Selbstständigkeit. Zum 2. Vatikanischen Konzil wurden Beobachter entsandt. Heute umfasst die selbstständige "Koptische Kirche von Alexandrien" mit Sitz in Kairo 39 Bistümer mit rund 10 Millionen Gläubigen (das obgenannte Koptische-Katholische Patriarchat von Alexandrien 4 Bistümer mit rund 80.000 Gläubigen) deren Oberhaupt den Titel "Papst von Alexandria und Patriarch des Stuhles von Sankt Markus" führt - seit 1971 gebührt dieser Titel dem Patriarchen Abba Shenouda III..

Die Kopten in Frankreich und ihr Oberhaupt

Dem Bistum "von Marseille-Toulon und ganz Frankreich" mit rund 40.000 Mitgliedern steht seit 1974 Mgr. Abba Marcos vor - eine Person mit durchaus berichtenswerter Vergangenheit. Als Jan Frederik Nico Bloom van Assendelft-Altland am 20. August 1923 in Amsterdam geboren ließ sich der gelernte Silberschmied im Jahre1946 in einer kleinen methodistischen Kirche in Rom von Herman F. Abbinga (genannt Mar Philippus) zum Priester der "Kirche" Catholicate of the West weihen. Am 24. Jänner 1954 erfolgte in Köln durch Josef-Maria Thiesen (einem verheirateten Missionar, der 1947 die "Katholisch-Orthodoxe Kirche der Eparchie von Aquileia in Köln" gegründet hatte) die Konsekration, am 10. Dezember 1955 erfolgte eine Ko-Konsekration durch Harold Percifal Nicolson in London, am 2. Mai 1957 noch eine durch Julien Erni - beide Herrn von ähnlichem Reputation wie "Kardinal" Josef-Maria. Zwischendurch salbte und krönte Herr Bloom van Assendelft als Prinz von Théoupolis und Prinz des heiligen Römischen Reiches des Orients, durch die Gnade Gottes Patriarch der katholisch - apostolischen Kirche Antiochiens, Orthodox und Syro Byzantinischer Tradition, 147ster Nachfolger des Heiligen Peters am 18. November 1956 Herrn Lavarello Lascaris zu Ihrer Imperiale Majestät Marziano II. Lavarello Lascaris, Basileus von Konstantinopel und des ganzen christlichen Orients, Römischer Imperator der 269ste Nachfolger von Augustus und Constantin ... etc. etc. Am 1. Oktober 1957 wurde der heutige Abba Marcos unter dem Namen Mar Johannes-Maria der Erste zum "Ersten Patriarchen der Orthodoxen Autocéphalen Antiochischen Kirche in Europa" gewählt. Neben der Krönung von Kaisern weihte er selbstverständlich auch seinerseits zahlreiche Personen so zum Beispiel am 11. Juli 1954 Jean Rene Malvy (Re-Konsekration), am 12. November 1961 Joel S. Williams in München zum Mar Athanasius, Primas und Bischof der L’Eglise Nationale des Indes, am 10. November 1963 Georg Schlarnhaufer in München zum Mar Petros IV, Leiter der Orthodoxen Katholischen Kirchengemeinde des westsyrischen Ritus in München (der allerdings seit Anfang der 70er Jahre zurückgezogen als „einfacher Seelsorger“ lebt) und am 5. April 1964 Claudio Vetterazzo in Turin zum Claudio II. Erzbischof und Metropolit der Chiesa Episcopale Cattolica Apostolica Ortodossa, Successione Siro-Antiochena, Esarcato dell’Italia. Er übte dieses Amt bis ins Jahre 1972 aus, bevor ihn seine wahre religiöse Berufung in Form der koptischen Kirche begegnete. Er überließ die Funktion seinem Nachfolger Boris I, trat in die koptische Kirche ein und wurde von Abba Shenouda III. am 2. Juni 1974 zum Evéque Copte de France ernannt. Bis heute gilt es in kirchlichen Kreisen als unerklärlich wie ein Mann mit seiner Vergangenheit von einer anerkannten Kirche aufgenommen werden konnte.

Stiftung und Verleihung

Offenbar gleich nach der Übernahme des Bistums in Marseille-Toulon begann Mgr. Marcos mit der Verleihung einer Halsdekoration mit dem Namen "Croix de Saint Antoine du Desert" an Personen, die sich - vor allem durch ihre Spendenfreudigkeit - um die koptische Kirche und/oder im Kampfe gegen den Islam verdient gemacht hatte. "...Geldsummen über 500,- Francs nehmen wir in der Koptischen Kirche nicht an, im Kampf gegen die fortschreitenden Barbaren des Islam..." wird Marcos noch Anfang der 80er Jahre zitiert - zehn Jahre später muss man für eine Verleihung des koptischen Halskreuzes bereits mit Spenden von mindestens 1.500,- Francs rechnen!

Legte man in der Anfangszeit noch großen Wert darauf, das dieser "Orden" mit ausdrücklicher Billigung des koptischen Papstes verliehen wird, Namenslisten Verleihungswürdiger zum Beispiel wurden zur "Überprüfung und Genehmigung" nach Kairo geschickt usw., werden seit 1987 alle, die Dekoration betreffende Angelegenheiten über einen in Rom residierenden "Sekretär" erledigt, der wiederum den Eindruck zu erwecken versucht bei diesem Antonius-Kreuz würde es sich um die direkte Nachfolge des 1095 durch französische Adelige gegründeten Antoniter-Orden handeln.

Verschiedenen Quellen zur Folge soll Abbas Marcos Anfang der 90er Jahre gestorben sein, dies ist jedoch nachweislich falsch, denn noch Ende 2002 stand er der koptischen Kirche in Frankreich vor. Fest steht allerdings, dass offenbar seit 1989 die Unterschrift auf den Verleihungsurkunden nur noch gestempelt, nach 1990 sogar nur noch mitgedruckt sind!

Gestaltung der Dekoration

Der um 250 in Ägypten geborene hl. Antonius errang Berühmtheit als Vater des Mönchtums, er lebte als Asket an verschiedenen Stätten in der Wüste, sammelte zahlreiche Jünger um sich und predigte gegen die Irrlehre der Arianer, die die Göttlichkeit Jesu leugneten. Er starb 356 in der Wüste, seine Gebeine wurden zuerst in Alexandrien und ab 635 in Konstantinopel aufbewahrt, seit 1491 ruhen sie in der Pfarrkirche zu St. Julien zu Arles in Frankreich. Zwischen dem 14. und dem 18. Jahrhundert genoß Antonius der Große hier in Europa die meiste Verehrung und zahlreiche Kirchen und Kapellen aus dieser Zeit wurden ihm geweiht, auch zählt man ihn zu den "Vier heiligen Marschällen". In der Orthodoxie ist er zweifellos der wichtigste Heilige der koptischen Kirche. In der östlichen wie auch in der westlichen Kunst wird er meist als greiser Eremit oder Mönch dargestellt mit einer T-förmigen Krücke - dem sogenannten Antoniuskreuz.

Die ungefähr 8,5 cm x 5,5 cm große Dekoration besteht im wesentlichen aus einem Antoniuskreuz, das auf einer zirka 3 cm im Durchmesser großen, stilisierten Sonnenscheibe liegt, welche als Symbol göttlicher Gnade verstanden werden soll und wird an einem 4 cm breiten dunkelgrünen Band um den Hals getragen. Das Antoniuskreuz ist dunkelgrün emailliert und die Ränder nach außen hin leicht geschweift. Die Kreuzecken werden durch kleine Kügelchen markiert. Am Scheitelpunkt der Sonnenscheibe ist ein einfacher Ring starr befestigt, durch den die relativ kleine und schmucklose Öse für das Halsband gezogen wird. Antoniuskreuz und Sonnensymbol sind aus unedlem gelben Metall in einem Stück geprägt, die Rückseite ist nicht besonders gestaltet. Die früheren Stücke sind etwas dünner mit glatter Rückseite und schlankeren Kügelchen, bei den jetzigen Stücken ist die Rückseite ganz leicht gerippt und die Kugeln der Kreuzecken irgendwie flacher und plumper ausgeführt. Vor einigen Jahren konnte ich bei einer britischen Auktion ein sehr fein gearbeitetes Exemplar aus vergoldetem Sterling-Silber begutachten - nach den bisherigen Erkenntnissen handelte es sich aber dabei nicht um ein verliehenes Stück sondern um eine private Juweliersanfertigung. Bemerkenswert ist, dass mir in all den Jahren bisher noch nie eine, wie auch immer gearbeitete Miniatur dieser Halsdekoration untergekommen ist.

Die zirka 30 cm x 40 cm (ungefähr DIN A3) große Verleihungsurkunde ist in französischer Sprache angefasst. Obwohl der Text und die Gestaltung kaum verändert werden gibt es Drucke mit einer, zwei oder mehr verschiedenen Farben (Grün/Braun/Geld/Schwarz). Das bedruckte Material reicht von sehr dünnem Pergament über sogenanntes Elephantenhautpapier bis zu recht dickem, strukturiertem weißen Karton. Wie bereits erwähnt sind die Verleihungsurkunden seit 1990 nicht mehr original unterschrieben, sondern Unterschrift und Siegel sind einfach mitgedruckt. Die Urkunde aus dem Jahre 1981 unterscheidet sich in der Größe (33,7 cm x 23,9 cm) von den anderen und ist außerdem in italienischer Sprache abgefasst.

 

Croix de Saint Antoine du Desert - Vorderseite Verleihungsurkunde aus dem Jahre 1981 Verleihungsurkunde aus dem Jahre 1987
Verleihungsurkunde aus dem Jahre 1988 Verleihungsurkunde aus dem Jahre 1999 Verleihungsurkunde aus dem Jahre 1999

 

 

Quellen & Literatur:
P. Verghese (Hrg.); Koptisches Christentum; Wien 1973
A. Chaffanjon + B.G. Flavigny; Ordres & contre-ordres de chavalerie; Paris 1982
Andre van Bosbeke; Chevaliers du vingtiéme Siecle; Paris 1988
Helmut Bräundle-Falkensee; Christliche Symbole im Wappen- und Ordenswesen Europas; Mödling 1988
Friedrich-Wilhelm Haack; Religion und Dekoration. Freibischöfe - Vagantenpriester; München 1990
Clemes Jöckle; Lexikon der Heiligen; Erlangen 1995
Informationsblatt des Ordens in deutscher Sprache, datiert Juni 1999
Informationsblatt des Ordens in französischer Sprache, Toulon 1980

 

Back to Index Kontakt & mehr Flohmarkt - Shop